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E-Learning-Sessions richtig gestalten

Alle reden von Web 2.0. Oder auch nicht: Für Personalentwickler jedenfalls spielt immer noch das herkömmliche E-Learning eine große Rolle. Bei kleinen und mittelständischen Unternehmen erwächst sogar ein ganz neues Interesse an passgenauen Web-Based-Trainings. Wie Trainer dieses Interesse bedienen können und dabei alte Fehler vermeiden, hat Training aktuell bei Machern und Experten nachgefragt.

Wenn von modernen E-Learning-Ansätzen die Rede ist, fallen oft die Wörter 'informell', 'Social Media' oder Begriffe mit dem Zusatz '2.0'. Unstrittig, dass von dieser Debatte die wichtigsten Impulse für die technisch gestützte Weiterbildung ausgehen. Der akute Bedarf in der Personalentwicklung sieht aber (noch) anders aus. Hier haben die oft als Einbahnstraßen-Lernen kritisierten E-Learning-Angebote nach wie vor ihren Platz: als Teil von Blended-Learning-Konzepten oder etwa bei Sicherheits- oder Produktschulungen, bei denen große Informationsmengen vermittelt werden müssen.

So spielten etwa auch auf dem Kongress 'Professional Learning Europe', der vom 12. bis 14. Oktober 2010 im Rahmen der Messe Zukunft Personal in Köln stattfand, Fragen nach der Gestaltung und nachhaltigen Verankerung von Web-Based-Trainings (WBT) im Unternehmen eine zentrale Rolle. Was deutlich wurde: Viele Kongressteilnehmer kamen von mittelständischen Unternehmen, die das Thema E-Learning gerade erst entdecken. Dahinter steht ein Trend, den auch Anbieter beobachten: 'Der Mittelstand denkt seit fünf bis zehn Jahren über E-Learning nach, jetzt fängt er an, die Pläne umzusetzen', sagt Guy Fischer, Geschäftsführer des E-Learning-Anbieters Fischer, Knoblauch & Co. aus München. Die Gründe: Beschleunigte Veränderungen der Arbeit und immer komplexere Produkte führen auch dort zu Schulungsbedarf, wo bislang keiner bestand. Damit ergeben sich auch neue Chancen für Weiterbildner, die WBTs erstellen. Wie sie dabei vorgehen sollten und wie sie alte Fehler vermeiden können, hat Training aktuell bei Experten und Machern nachgefragt.

Lernziele klar definieren

Die Konzeption eines WBT beginnt mit einer dreifachen Definition: Der erste Schritt zum E-Learning ist eine saubere Zielgruppenanalyse, sagt Gisela Volk, Mitglied der Geschäftsleitung des E-Learning-Anbieters M.I.T e-Solutions GmbH in Friedrichsdorf. Demnach sind folgende Fragen zu klären: Wer ist die Zielgruppe, was genau soll sie tun? Welche Vorbildung hat sie? Arbeitet sie eher sach- oder handlungsorientiert?

Auch das Thema an sich muss genau definiert und begrenzt werden. 'E-Learning in Unternehmen muss heute sehr konkret und praxisorientiert sein', sagt E-Learning-Berater Tim Schlotfeldt. Für Abschweifungen ist da kein Platz. 'Es geht darum, das Thema didaktisch einzudampfen und einen roten Faden hineinzubringen.' Für Dr. Gabi Reinmann, Professorin für Lehren und Lernen mit Medien an der Universität der Bundeswehr München, lautet die entscheidende Frage: Was ist das Lernziel? 'Das klingt selbstverständlich, ist es aber nicht', weiß Reinmann aus leidvoller Erfahrung. 'Allzu leicht tauchen da schablonenhafte Floskeln auf. Aber was genau heißt das, wenn bessere Kundengespräche als Lernziel ausgegeben werden? Mehr Umsatz? Mehr Inhalt? Solche Fragen sind so konkret wie möglich zu beantworten.' Auch das angestrebte Kompetenzniveau muss in der Zieldefinition festgelegt werden. Soll das WBT nur Informationen vermitteln oder soll der Lerner diese Informationen auch anwenden können?

Vorhandenes Wissen nutzen

Erst wenn diese Fragen geklärt sind, können geeignete Inhalte ausgewählt werden. Fischer nennt das die 'Jäger- und Sammlerphase'. Denn die meisten Informationen sind in den Unternehmen schon vorhanden. 'Eine wichtige Aufgabe für Trainer ist es, das vorhandene Wissen, zum Beispiel aus Datenbanken oder Powerpoint-Präsentationen, ins WBT zu überführen', sagt Fischer. Erst wenn Lücken auftreten, muss der Lernstoff neu entwickelt werden.

'Wenn die Inhalte feststehen, ist die nächste Frage: Wie stelle ich sie dar?', sagt Reinmann. Das betrifft zunächst den Einsatz der Medien. Text, Bilder oder Videos stehen aber nicht für sich, sondern sind Mittel zum Lernzweck. So können Texte besonders Faktenwissen vermitteln, Bewegtbilder eignen sich eher für prozessorientertes Lernen. In jedem Fall müssen die eingesetzten Medien aufeinander abgestimmt werden. Reinmann erklärt das am Beispiel von Screencasts, bei denen sich Bild (zum Beispiel eine Powerpoint-Präsentation) und Ton ergänzen. 'Beides muss zeitlich zusammenpassen und darf nicht redundant sein.'

Zielgruppengerechte Ansprache

Welche Darstellungsform die richtige ist, ergibt sich Reinmann zufolge meist aus den Lerninhalten selbst. Aber auch Lernziel und Zielgruppe sind zu berücksichtigen: 'Gewerbliche Angestellte muss man anders ansprechen als zum Beispiel Ingenieure', sagt Tim Schlotfeldt. 'Während man die einen mit Text eher langweilt, sind die anderen vor allem knappe Darstellungen mit Spiegelstrichen gewohnt. Marketing-Leute legen hingegen mehr Wert auf die Optik', so der E-Learning-Berater.

Für Thomas Kindler, Geschäftsführer des Oberhausener E-Learning-Anbieters Bassier, Bergmann & Kindler, ist das ein zentraler Punkt bei WBTs: den User emotional zu packen, ihn zu interessieren – nicht zuletzt durch attraktives Design und ein intuitives Interface. Zur Ansprache gehört auch, in den ersten 20 Sekunden die Relevanz der Lerneinheit zu klären – 'sonst schaltet man gedanklich ab'. Auch der Spaß sollte nicht zu kurz kommen. Schließlich handelt es sich oft um trockenen Lernstoff, den der Lerner alleine vor dem Rechner bewältigen muss. Kindler bevorzugt daher eine Technik, die er 'über Bande spielen' nennt. Metaphern, Humor und überraschende Bilder sollen die Neugier des Lerners wecken. 'Außerdem erhöhen sie die Merkbarkeit', so Kindler.

Strukturierende Tests

Darstellung ist also nicht nur eine Frage der Ansprache, sondern auch der Didaktik. Schießlich geht es um die Aufmerksamkeit des Lernenden, ein prinzipiell knappes Gut. Laut Schlotfeldt sollten Lerneinheiten höchstens 20 Minuten dauern, danach lässt die Aufmerksamkeit rapide nach. Guy Fischer setzt daher wenn möglich auf Bewegtbilder, die aufmerksamkeitsstärker sind als große Textmengen. 'Wir haben außerdem die Erfahrung gemacht, dass alle Formen von Interaktion gute Lerneffekte erzielen', so Fischer. Dazu gehören etwa Drag & Drop-Aufgaben oder Multiple-Choice-Fragen. Solche Tests dienen einerseits der Ergebnissicherung und damit dem eigentlichen Zweck des WBTs. Sie können aber auch bei der Strukturierung der Inhalte helfen. Kindler empfiehlt, sogenannte Quality Gates in die Lerneinheit einzustreuen. Diese Zwischentests entscheiden darüber, ob der Lerner weitermachen kann oder eine Vertiefungslektion braucht. So kann ein WBT verschiedene Kompetenzlevel berücksichtigen.

Aus alten Fehlern lernen

Inhalte, Darstellung, Struktur – auf der sicheren Seite sind Trainer damit noch nicht, warnt Gisela Volk von M.I.T. e-Solutions. Gefahr droht vor allem von Fachverantwortlichen, die Trainer oft dazu verleiten, das WBT inhaltlich zu überfrachten. Dasselbe gilt für Sachzwänge. Auch Kreativideen können zum Stolperstein werden, wenn sie sich verselbständigen. 'Selbst mit spielerischer Auflockerung, tollen Stories und motivierenden Sympathiefiguren können Sie voll daneben liegen.' Ohnehin sollte man E-Learning nicht isoliert betrachten, sagt Reinmann. 'E-Learning ist nur eine Methode.' Und kann nur Teil einer umfassenderen didaktischen Strategie sein.

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E-Learning-Tools

Die Liste der Tools, mit denen sich E-Learning-Sessions herstellen lassen, ist lang. Hier eine Auswahl:

Autoren-Tools erlauben die Erstellung kompletter E-Learning-Sessions. Die Vorgehensweise ist ähnlich wie bei einer Powerpoint-Präsentation: Texte und Grafiken werden platziert, Funktionsflächen wie Buttons oder Tests definiert.
  • Evolution (CBT+L)
  • WBT-Layouter (Engram)
  • IDEA Team (Link & Link)
  • WBT-Express (4/systems)
  • eXeLearning (Open Source)
  • ReadyGo Web Course Builder (ReadyGo Inc.)
  • myUdutu (Udutu Online Learning Solutions)
Screencast-Programme haben sich aus dem Rapid Learning entwickelt. Screencasts sind im Prinzip abgefilmte Bildschirmaktivitäten, die zusätzlich vertont werden können.
  • Captivate (Adobe)
  • Lecturnity (imc)
Quelle: Tim Schlotfeldt.
Autor(en): (Sascha Reimann)
Quelle: Training aktuell 11/10, November 2010
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