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Das eigene Smartphone bei der Arbeit nutzen?

Unter dem Stichwort BYOD (Bring Your Own Device) wird darüber diskutiert, ob es Sinn macht, den Mitarbeitern die Nutzung ihrer eigenen Endgeräte für die Arbeit zu erlauben bzw. die Nutzung dieser Geräte sogar zu fördern. Vor allem bei der Anwendung privater Smartphones gehen die Meinungen auseinander.


PRO: Motivation und Produktivität werden gesteigert


Bei der Frage, ob Mitarbeiter private Mobilgeräte für Arbeitszwecke nutzen dürfen, spielen Sicherheitsaspekte natürlich eine Rolle. Es gilt, die Unternehmensdaten wie die Privatsphäre des Nutzers zu schützen. Mithilfe von Maßnahmen wie Geräte-Authentifizierung, Datenverschlüsselungssystemen und der Förderung des Sicherheitsbewusstseins durch Trainings ist dies jedoch weitgehend möglich. Zugegeben, vor allem fürs Unternehmen bleibt ein Restrisiko. Das ist allerdings nicht so groß, dass es einen Verzicht auf die Nutzung privater Endgeräte rechtfertigen würde.
Denn für deren Nutzung spricht einiges. Zuerst einmal, dass die Mitarbeiter übers private Smartphone auch von unterwegs aus arbeiten können, der Informationsaustausch damit unmittelbarer wird. Im Prinzip kann diese schnelle Kommunikation natürlich auch übers Firmen-Smartphone laufen, in der Praxis läuft sie übers private aber meist deutlich besser: Dieses hat man immer griffbereit, man schaltet es so gut wie nie aus. Besonders wenn das private Smartphone in Kombination mit Kollaborationstools genutzt wird, kann das Arbeitsprozesse erheblich beschleunigen, Projekte kommen schneller zum Abschluss. Hinzu kommt, dass es für den Mitarbeiter angenehmer ist, wenn er nicht mit zwei Smartphones hantieren muss. Wie umständlich ist es etwa auf Geschäftsreisen, wenn man zusätzlich zum privaten auch noch das Firmenhandy immer dabei haben muss?
Ein weiterer Vorteil fürs Unternehmen: Die Nutzung privater Smartphones spart Kosten. Die Ersparnis kann hoch sein, denn nicht nur die Anschaffungs- und Reparaturkosten fallen weg – diese sind bei Firmen-Smartphones übrigens oft erheblich, weil Mitarbeiter in der Regel auf Firmengeräte weit weniger achten als auf private –, es gibt auch keine Aufwendungen mehr für Gerätemanagement und Software Updates – all das liegt in der Verantwortung des Nutzers. Dieser wird sich sein Privat-/Firmengerät so einrichten und permanent updaten, dass es optimal zu seinen (Arbeits-)Bedürfnissen passt, was wiederum die Produktivität steigert. Was Unternehmen dabei allerdings tun können und sollten: im Enterprise App Store auch für Privatgeräte empfohlene Unternehmens-Apps bereitstellen, und zu deren Nutzung motivieren.
Und letztlich gilt: Der Einsatz privater Mobilgeräte für Firmenzwecke lässt sich ohnehin nicht verhindern. Für Unternehmen stellt sich damit nur die Frage, ob sie ihn bewusst gestalten oder – vergeblich – zu verhindern suchen.
(Ronald Schlager ist Berater für Kommunikationslösungen.)


CONTRA: Konzentration wird verringert und Stress erhöht

Mit der Nutzung privater Smartphones im Arbeitskontext ist vor allem die Hoffnung verbunden, die Kommunikation im Unternehmen werde schneller. Keine Frage, auf Nachrichten, die aufs private Smartphone kommen, reagieren Mitarbeiter sicher direkter als auf Nachrichten an die Firmenmailadresse oder aufs Firmenhandy. Die Frage ist nur, macht das irgendetwas besser?
Nein, dafür aber gibt es erhebliche Nachteile. Zuerst einmal ist festzuhalten, dass nur eine Minderheit der Mitarbeiter echte kollaborative Zusammenarbeit betreibt – jene Form des Arbeitens, bei der die Reaktionsgeschwindigkeit besonders relevant ist. Aber selbst bei dieser Form des Arbeitens ist etwas anderes noch deutlich wichtiger als das Tempo des Informationsaustausches: die Bewertung und Weiterverarbeitung der Informationen. Und genau die bleibt bei der Nutzung mobiler Endgeräte in der Regel auf der Strecke. Diese verleiten nämlich dazu, Informationen lediglich zu rezipieren. Auf den Punkt gebracht: Smartphones fördern die 'Wisch- und Copy-Paste-Kompetenz', und verringern gleichzeitig die kreative Handlungskompetenz. Letzteres auch deshalb, weil sie die fürs kreative Problemlösen notwendige Konzentration killen. Alexander Markowetz von der Universität Bonn hat in einer Studie mit 250.000 Teilnehmern herausgefunden, dass der Durchschnitts-User bis zu 120 Mal täglich sein Smartphone aktiviert. Für konzentriertes Arbeiten sind diese ständigen Unterbrechungen Gift. Wenn das private Handy nun auch noch für Arbeitszwecke genutzt wird, würden die Mitarbeiter noch häufiger darauf schauen, es gäbe noch weniger Konzentrationsphasen.
Die Nutzung von Privathandys als Arbeitsinstrument würde zudem das Problem der ständigen Erreichbarkeit und damit der mangelnden Erholung verschärfen – auch in der Freizeit erhielten Mitarbeiter berufliche Nachrichten, denn das private Handy schaltet man nicht ab. Und schon jetzt empfinden viele das Always-On-Sein als belastend, wie eine Studie des Forschungszentrums ibi research an der Universität Regensburg zeigt. Die Mehrheit der Befragten gab an, durch die 'permanente Erreichbarkeit auch in der Freizeit einen wachsenden Zeitdruck, schnell zu reagieren' zu spüren. Dies hat 'starke' oder 'sehr starke' Auswirkungen auf das Gesundheitsbefinden eines Drittels der Umfrageteilnehmer.
Smartphones übernehmen mittlerweile das Regime im Beruflichen wie im Privaten. Im Wirtschaftsleben rauben sie uns Konzentration und behindern den Arbeitsfluss. Die Nutzung privater Endgeräte im Arbeitskontext verstärkt diesen Effekt weiter.
(Professor Dr. Gerald Lembke, Berater und Buchautor im Themenfeld Umgang mit Digitalen Medien.)
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