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Studie zum Beratermarkt

Nachfrager haben die Hosen an

Wohl nie zuvor standen die Chancen für Unternehmen besser als heute, gute Beratungsleistungen günstig einzukaufen, zeigt eine aktuelle Marktstudie. Große Firmen machen vor, wie es geht.

Aldi, Lidl, Netto und Norma sind die Wachhunde des Lebensmittelmarktes – sie halten die ganze Branche mit niedrigen Preisen auf Trab. Gleiches vollzieht sich derzeit auf dem Beratermarkt: Die Rolle des Discounters spielen dabei die Wirtschaftsprüfer. Für Beraterkunden ist das gut, denn vor steigenden Tarifen für die Helfer in Nadelstreifen müssen sie aktuell keine Angst haben.

Das hat der Bundesverband Deutscher Unternehmensberater (BDU) in seiner neuen Marktstudie ermittelt. Danach ächzt die gesamte Branche derzeit unter dem Lidl-Effekt: Drei Viertel der befragten Berater rechnen damit, dass die Wirtschaftsprüfer mit unverminderter Intensität noch weiter in den Beratermarkt eindringen. PwC, KPMG, Deloitte und EY bauen eigene Beratungsgeschäfte auf und verleiben sich etablierte Consulting-Firmen ein. 'Es gibt einen ziemlich heftigen Wettbewerb. Höhere Preise sind nicht durchsetzbar', beschreibt BDU-Präsident Hans-Werner Wurzel das, was manchem klassischen Unternehmensberater aktuell die Schweißperlen auf die Stirne treibt.

Nicht nur deshalb sind es gerade erfreuliche Zeiten für Beraterkunden. Weitere Fakten sprechen dafür, dass die Auftraggeber im Verhältnis Kunde-Berater derzeit die Hosen anhaben. Noch nie zuvor gab es so viel Wissen am Markt, wie man die Consultants steuert und genau das aus den Dienstleistern herausholt, was man als Kunde braucht.

Einkaufabteilungen und Metaberatungen werden bei der Beraterwahl ins Boot geholt

Das zeigt das Einkaufsverhalten – besonders das der mittleren und großen – Beraterkunden. Buchten sie früher mangels Transparenz Beratung oft via Zuruf, lassen sie heute die Berater antreten: Der Auftrag wird ausgeschrieben, Consultants werden zur Abgabe eines Angebots eingeladen. Bieter, die bei Preis und Leistung gut aussehen, bekommen einen Platz auf der Shortlist. Die zwei oder drei Dienstleister auf dieser Liste dürfen ihr Vorhaben im Detail präsentieren. Große Unternehmen schalten zudem die Einkaufsabteilungen ein, in denen oft Exberater mit Insiderwissen aus der Branche arbeiten – oder sie lassen sich von Metaberatern wie Cardea beim Beratereinkauf helfen. Die Vorgehensweise, die sich beim Beratereinsatz etabliert hat, sieht so aus:
  • Nach Umsetzungserfolgen fragen: 'Wir machen das schon', auf so ein Versprechen des Beraters braucht sich kein Kunde mehr einzulassen. Standard ist heute, dass Berater nachweisen, zum angefragten Thema (Aufbau eines Vertriebsnetzes für Autozulieferteile in China oder Preisstrategie für ein neues, innovatives Grippe-Medikament) über belastbare Erfahrungen zu verfügen, von denen der Kunde profitieren kann. Verbandschef Wurzel: 'Lernen beim Kunden ist out, das zahlt keiner mehr.' Schon 75 Prozent der Unternehmensberater bekamen diese Anforderung zu spüren, ermittelte der BDU.
  • Eignung des Beraterteams und jedes einzelnen Beraters hinterfragen: Kunden brauchen es nicht zu akzeptieren, dass das Beratungsunternehmen Consultants eigener Wahl in das Projekt schickt – im Zweifel jene Leute, die das Thema oberflächlich beherrschen und gerade für einen Anschlussauftrag frei sind. Wer sich ergebnisorientiert be­­raten lassen will, lässt sich vor Auftragsvergabe über das Profil der in Frage kommenden Teams informieren, sagen 88 Prozent der vom BDU befragten Berater. Manche Kunden lassen sich sogar die Lebensläufe der Be­­rater vorlegen.
  • Von Anfang an klare Ziel- und Nutzenbeschreibung fordern: Der gut aufgestellte Kunde sagt dem Berater, welche messbaren Verbesserungen er im Laufe des Projekts erwartet und welcher Zielzustand mithilfe der externen Helfer erreicht werden soll. 93 Prozent der vom BDU befragten Berater berichten, dass die Klienten nach diesem Muster verfahren.
  • Nicht den Namen kaufen: Der bekannte Dreibuchstaben-Name einer internationalen Beratungsfirma begründet noch keinen Auftrag. Bei mittleren und großen Kunden ist oft sogar in den Einkaufsrichtlinien vorgeschrieben, dass Lieferanten ihre Qualifikation für den Auftrag glaubhaft machen müssen.
Damit dieser aufwendige Auswahl- und Qualifizierungsprozess nicht jedes Mal durchgeführt werden muss, setzen viele Kunden inzwischen auf eine Best Practice, die in der Autoindustrie erfunden wurde: Man legt sich einen kleinen Kreis bevorzugter Lieferanten zu, die sogenannten Preferred Suppliers. Volkswagen, Mercedes, BMW und andere Autobauer lichten so das Feld der möglichen Lieferanten seit vielen Jahren.

Wer in den Kreis dieser Hoflieferanten aufsteigen will, wird durch ein Prüf- und Durchleuchtungsverfahren geschickt. Nur wer es besteht, hat Zugang zum engeren Kreis. Ist dann ein Auftrag zu vergeben, der zum Profil eines der Preferred Supplier passt, wird nicht mehr am Markt ausgeschrieben – der Job geht direkt an den zuvor durch das Auswahlverfahren qualifizierten Hoflieferanten.

Weil das viel Zeit und Kosten bei der Auswahl einspart, werden so nicht nur Zulieferteile oder Wartungsdienste eingekauft, sondern auch Berater­leistungen. 'Die Großkunden werden ausgewählte Beratungsunternehmen als Preferred Partner enger einbinden', be­­schreibt BDU-Präsident Wurzel den Trend, den 88 Prozent der von seinem Verband befragten Consultants bestätigen. Als Lohn winken den so qualifizierten Beratern eine Vergütung nach Rahmenvereinbarung, was Preisverhandlungen erspart, ebenso Aufträge auf Zuruf.

Beraterbranche wächst viermal so schnell wie Gesamtwirtschaft

Mit diesen Bedingungen kommt die Branche gut zurecht. Zwar ist das Nadelöhr, das die Akquisiteure passieren müssen, enger geworden. Aber für die, die durchkommen, gibt es genug zu tun. Um 6,4 Prozent wuchs das Geschäft im vergangenen Jahr – damit legten die Consultants viermal so schnell zu wie die Gesamtwirtschaft. Wobei einzelne Beratungsunternehmen den guten Durchschnitt deutlich toppen. Das Geschäft des Preisberaters Simon-Kucher kletterte etwa um 17,5 Prozent auf 172 Mio. Euro Umsatz.

Auch für das Jahr 2015 ist die Branche auf Expansion eingestellt. 'Wir rechnen mit einem Wachstum des Marktes um 7,4 Prozent', sagte der Verbandschef bei der Vorstellung der Marktstudie. Am Ende des Jahres werden die 15.000 Beratungsunternehmen in Deutschland 27 Milliarden Euro Umsatz in den Büchern stehen haben. Damit erreichen die Consultants ein neues Allzeithoch.

Die Beratungsunternehmen halten ihre Zahlen zunehmend zurück

Die Branche mag sich mit den formidablen Ergebnissen, Simon-Kucher einmal ausgenommen, allerdings nicht schmücken – im Gegenteil. Die Großen halten ihre Zahlen zunehmend zurück. Jüngstes Beispiel: die Boston Consulting Group (BCG). In allen Vorjahren veröffentlichte BCG stets im Februar seine Umsatzzahlen, selten ohne den Verweis, dass man im Begriff sei, den Marktführer McKinsey auf dem hiesigen Markt alsbald vom Thron zu stoßen. Dieses Jahr gab es erstmals keine Publizität beim Umsatz mehr. Der seit Anfang 2013 als Deutschlandchef agierende Carsten Kratz schloss sich damit einer Praxis an, die schon bei McKinsey und Roland Berger gepflegt wird: allgemeine Aussagen zum Geschäft ja, aber keine Zahlen.

Damit einher geht ein Stilwechsel bei den großen Beratungshäusern. Telegene Vordenker, die gerne in die Öffentlichkeit gehen, das Licht der Talkshow-Kameras suchen und nicht nur ihr Geschäft, sondern gerne auch mal den Rest der Welt erklären, gibt es nicht mehr. In die CEO-Positionen der großen Beratungshäuser haben in den vergangenen Jahren die fleißigen Technokraten Einzug gehalten, die ihre Erfolge lieber im Stillen erzielen.


Steckbrief Beratungsmarkt
  • Gesamtumsatz 2014: 25,2 Mrd. Euro
  • Gesamtumsatz 2013: 23,7 Mrd. Euro
  • Wachstumsprognose 2015: 7,4 Prozent
  • Wichtigste Beratungsfelder nach Anteil am Branchengesamtumsatz: Organisations- und Prozessberatung 43,4 %, Strategieberatung 24,8 %, IT-Beratung 21,4 %, Human Resources Beratung 10,4 %
(Quelle: Studie 'Facts & Figures zum Beratermarkt 2014/2015' unter 540 Beratungsgesellschaften aller Größenordnungen, Bundesverband Deutscher Unternehmensberater BDU, Bonn 2015. Der 24-seitige Bericht zur BDU-Studie kann unter info@bdu.de angefordert werden. Kosten: 89 Euro.)
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