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Streit in der Beraterbranche

Kienbaum-Mitarbeiter im Visier der Staatsanwaltschaft

Allzu große Kopierfreude ist schon manchem zum Verhängnis geworden – siehe Doktorarbeitsbastler Karl-Theodor zu Guttenberg. Nun gibt es auch in der Beraterbranche einen ausgewachsenen Streit über Urheberrechte und Datenklau. Sophia von Rundstedt, Chefin der auf Outplacement-Beratung spezialisierten Firma von Rundstedt, Düsseldorf, hat gegen drei ehemalige Mitarbeiter Anzeige er­­stattet, die zur Konkurrenz, dem Branchenriesen Kienbaum, ge­­wechselt sind. Dort haben die drei maßgeblich den Aufbau der neuen Outplacement-Sparte ('Newplacement') verantwortet. Und zwar nach Ansicht von Sophia von Rundstedt unter Rückgriff auf von Rundstedt’­sche Geschäftsgeheimnisse. Be­­schuldigt werden eine ehemalige Partnerin, ein ehemaliger Kundenbetreuer und ein ehemaliger Berater der Firma.
 
Aufgrund der Anzeige hat die Staatsanwaltschaft Büros und Privatwohnungen besagter Ex-Mitarbeiter durchsucht. Allerdings mit einiger zeitlicher Verzögerung. Denn Anzeige er­stattet hat Sophia von Rundstedt bereits im März 2010, als ihr nach eigener Aussage erste 'Indizien für den Diebstahl von Geschäftsgeheimnissen' vorlagen. Seither seien ihr noch weitere Anhaltspunkte für unlauteres Wettbewerbsverhalten bekannt geworden: Rufschädigende Aussagen gegenüber Kunden und Hinweise dafür, dass in erheblichem Umfang Unterlagen des Unternehmens von Rundstedt, die Geschäftsgeheimnisse verkörpern, rechtswidrig entwendet bzw. für Kienbaum-Zwecke kopiert und verwertet worden seien. 'Man kann den Eindruck gewinnen, dass unser Geschäftsmodell Outplacement systematisch und damit wohl auch sittenwidrig angegriffen wurde, um es bei Kienbaum aufzubauen', so die Firmenchefin. Im Sommer 2011 hat sie auf zivilrechtlichem Wege bereits eine Unterlassungserklärung von Kienbaum erwirkt: Der Konkurrent hat sich verpflichtet, in einem Klientenleitfaden keine Textpassagen mehr zu verwenden, die aus einem Klientenleitfaden der Firma von Rundstedt übernommen worden sein sollen. Wie es nun weitergeht, kommt auf die Ergebnisse der staatsanwaltlichen Ermittlungen an bzw. darauf, ob die Staatsanwaltschaft Anklage erhebt. Von Rundstedt behält sich vor, gegebenenfalls weitere rechtliche Schritte einzuleiten. Die Firma Kienbaum will sich zu dem laufenden Verfahren nicht äußern. Sprecher Erik Bethkenhagen betont lediglich: 'Wir gehen zunächst von einer Unschuldsvermutung aus. Aber sollten sich die Vorwürfe bestätigen, werden wir entsprechende personelle Konsequenzen daraus ziehen.'

Schwierige Frage: Was ist normaler Wissenstransfer, was Datenklau?

Wie auch immer der Ausgang sein wird: Der Fall wirft die Frage auf, wo der normale Wissenstransfer aufhört und der Datenklau anfängt – in einer Branche, deren wesentliche ökonomische Grundlage das Wissen der Mitarbeiter ist. 'Das Wissen ist in den Köpfen. Man kann es nicht einfach abgeben, wenn man zur Tür hinausgeht. Und man kann und sollte sich beim nächsten Arbeitgeber auch nicht dümmer stellen, als man ist', bringt Ansgar Richter, ehemals Berater bei McKinsey und heute Professor für Strategie und Organisation an der EBS Business School in Oestrich-Winkel das Problem auf den Punkt. Der Nachweis, dass ein Konzept eins zu eins übertragen wurde, sei in der Regel nicht leicht zu erbringen. Auch deshalb nicht, weil das Wissen, mit dem Beratungsfirmen agieren, kaum scharf abgegrenzt und definiert ist. 'Aus diesem Grund gibt es in dem Bereich auch wenig Patentierungen und kaum gesetzliche Regelungen', weiß Richter. Beratungsfirmen sehen es deshalb generell mit Argwohn, wenn Mitarbeiter zu anderen Beratungsfirmen wechseln. 'Eigentlich erstaunlich, dass sie dennoch in vielen Fällen offenbar zu wenig dafür tun, ihre wertvollste Ressource an sich zu binden', so der Wissenschaftler.
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