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Leonardo European Corporate Learning Award

Würdigung für Wikipedia

Jemand gibt eine Geburtstagsparty mit allem Tamtam – und dann geht keiner hin ... So in etwa war es atmosphärisch am 21. September 2011 in Köln, als auf der Messe Zukunft Personal der Leonardo European Corporate Learning Award verliehen wurde. Wahrhaft großes Tamtam: Die Medaille prangte verheißungsvoll glänzend in einem musealen Schaukasten. Leif Edvinsson, der Präsident des 'New Club of Paris', hielt die Laudatio. Viele Mitglieder des üppig mit Angehörigen aus zwölf Nationen besetzten Advisory Boards und  Steuerkomitees des Awards waren zugegen. Schwungvoll und mit echter Euphorie moderierte Götz Hamann, Wirtschaftsredakteur der Zeitung 'Die Zeit'. Was allerdings fehlte, war der Preisträger selbst sowie eine erkleckliche Anzahl interessierter Gäste. Wobei Letzteres womöglich die Folge von Ersterem war.

Gewinner des Awards war der Gründer der offenen Online-Enzyklopädie Wikipedia, Jimmy Wales. 'Wales hat einen Bewusstseinswandel im Umgang mit Wissen in die Welt gebracht', begründete Advisory-Board-Mitglied Günther M. Szogs die Wahl. Wikipedia hat dazu geführt, dass sich heutzutage jeder, der will, nicht nur als Konsument von Wissen, sondern auch als Wissensvermittler und Beurteiler der Beiträge anderer betätigen kann. Es ist die Verwirklichung eines demokratischen, umfassenden Bildungsbegriffes, wie ihn der Europapolitiker Jacques Delors vertritt, der Preisträger des ersten Leonardo im Jahr 2010. Doch gemäß der demokratischen Philosophie der 'Thoughtware' Wikipedia, wie Laudator Edvinsson die Plattform nannte, kam Wales nicht persönlich zur Preisverleihung, sondern schickte stellvertretend drei regionalverantwortliche Wikipedianer: Denis Barthel aus Deutschland, Nando Stöcklin aus der Schweiz und Dr. Ziko van Dijk aus den Niederlanden. Das war vermutlich nett gemeint, aber für die Zugkraft des Preises schlecht. Zumal auch schon Vorjahresgewinner Delors bei der Preisverleihung nicht live zugegen war. Wie aber soll ein Award, der, wie es Advisory-Board-Mitglied und Messeveranstalter Alexander R. Petsch ausdrückte, eine 'Leuchtturmfunktion' innehat, ein wichtiges Thema erhellen, die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf dieses Thema lenken, wenn der Leuchtturm selbst fehlt?

Ein weiteres Problem: Es gelang den Initiatoren nur ansatzweise aufzuzeigen, inwiefern das Beispiel Wikipedia konkret Einfluss auf Unternehmen hat oder zumindest haben könnte. Die Dynamik, der Charme und die Kraft der Enzyklopädie Wikipedia, ihr Beitrag zur allgemeinen Demokratisierung des Wissens wurden zwar einmal mehr deutlich. Viel weniger klar war aber, was genau es in der Praxis heißt oder heißen könnte, wenn sich Unternehmen Wikipedia zum Vorbild nehmen würden. Besonders, wenn es nicht nur darum geht, intern wikipediaähnliche Plattformen aufzubauen oder mit Wikipedia selbst stärker zusammenzuarbeiten (beispielsweise, indem Archivmaterialien zur Verfügung gestellt werden). Sondern wenn es um eine wirkliche Öffnung nach außen, über Firmengrenzen hinweg, geht. Da stehen die Unternehmen noch ganz am Anfang – und hätten greifbare Ansätze nötig. Schade, dass eine Initiative, in deren Zentrum ein Preis steht, der das 'Corporate Learning' im Titel trägt, dies schuldig bleibt ...

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