Schlauer lernen

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Vergessen Sie den Sinn!

Henning Beck erklärt, warum Sinn für die Motivation nahezu egal ist.

Früher war das Arbeiten noch eine harte Sache. Unsere Großeltern haben sich noch abgerackert, sind schuften oder schaffen gegangen, haben malocht und geklotzt. Das sind heutzutage keine besonders ansprechenden Bezeichnungen für berufliche Tätigkeiten. Mittlerweile muss Arbeit vor allem eines sein: sinnvoll. Die Sinnhaftigkeit schlägt die stumpfsinnige Plackerei. So populär ist diese Annahme, dass man eine ganze Generation (die „Gen Y“) danach benannt hat.

Jedoch aufgepasst: Ist es der Sinn, der alles bewirkt und schafft? Nein, das ist er nicht. Wenn es darum geht, motiviert zu sein, mit Freude zu arbeiten, im besten Fall in den Flow zu kommen, dann ist der hehre Sinn praktisch unwichtig. Denn ob eine Arbeit sinnvoll ist oder nicht, hat kaum eine Auswirkung darauf, ob wir sie gerne machen. Ein Flow-Erlebnis, eine Beglückung durch das eigene Schaffen stellt sich vielmehr ein, wenn man konkret erlebt, was man geleistet hat. Das unmittelbare Ergebnis ist viel wichtiger als der übergeordnete Sinn. Nur wenn man das Ergebnis seines Tuns in einem günstigen Zeitfenster (nämlich bestenfalls unmittelbar nach seiner Leistung) erlebt, führt das zu einer bestärkenden Belohnungsreaktion: Die schnelle Bestätigung der eigenen Leistung wird zum Ansporn, weiterzumachen.

Aus diesem Grund können Menschen in einen erfüllenden Zustand der Hyperproduktivität kommen, selbst wenn sie völlig banale Tätigkeiten ausführen: beim Ausmalen von Bildern, beim Basteln von Papierfliegern oder beim Putzen ihres Autos. Solange das Ergebnis konkret sichtbar ist, treibt es an. Wenn Sie ein Dach decken und am Ende vor dem nagelneuen Dach stehen, ist es erfüllender, als wenn Sie in einem Bürojob täglich Dutzende Anträge für die energetische Sanierung prüfen.

Überhaupt leben wir in einer Welt, in der man sich von den Ergebnissen seines Tuns immer weiter entfernt. Ich kenne Leute, die arbeiten in Frankfurt für Großbanken und schubsen Tag für Tag Excel-Listen und PDFs von einer Abteilung in die andere, um am Ende der Regulatorik der Firma Genüge zu tun. Am Ende des Monats gibt es einen Haufen Geld – aber wofür, das weiß man nicht mehr. So muss man Leute mit viel Geld bezahlen, damit sie sich fühlen, wie sich Leute mit greifbarem Ergebnis ihres Handelns immer fühlen.

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Sprich: Der Sinn ist für die Motivation praktisch egal. Sie können versuchen, Leute mit neumodischen Purpose-Versprechen zu motivieren. Aber das konkrete Ergebnis schlägt jeden Sinn. Sie können auch in sinnvollen Tätigkeiten ausbrennen (fragen Sie Leute in der Pflege) oder die Lust verlieren (wenn Sie für eine Umweltschutzorganisation permanent behördliche Formulare prüfen). Umgekehrt können Sie in Tätigkeiten aufgehen, deren moralischen Sinn man hinterfragen kann: Wenn Sie in einer Waffenfabrik die besten Panzer der Welt bauen, sind Sie am Ende stolz darauf, das Beste erreicht zu haben. Sie sind motiviert – auch wenn andere Ihre Tätigkeit nicht sinnvoll finden. Kurzum: Was heute oftmals fehlt, ist nicht der Sinn, sondern das praktische Erleben des Ergebnisses. Machen Sie dieses Ergebnis so oft und so unmittelbar greifbar, wie es geht. Das schließt ja nicht aus, dass es am Ende doch sinnvoll ist, was Sie tun.

Der Autor: Henning Beck ist Neurowissenschaftler, und zwar einer der verständlichen. In Vorträgen und Seminaren vermittelt er die spannenden Themen des Gehirns. Sein aktuelles Buch heißt „12 Gesetze der Dummheit“. Kontakt: ­henning-beck.com

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